Lotusblüteneffekt

lotusblueteneffekt

Lotusblüteneffekt

Der Begriff Lotusblüteneffekt stammt zum einen aus dem Tier- und Pflanzenreich und zum anderen aus der Bionik nach Barthlott. Er beschreibt die Oberflächenbeschaffenheit verschiedener pflanzlicher und tierischer Gewebe, die ein Abperlen von Wassertropfen und eine natürliche Selbstreinigungsfunktion erwirkt. Der Lotuseffekt bezieht sich auf die Lotusblätter, anhand derer dieses natürliche Phänomen besonders deutlich beobachtet werden kann. Neben der Lotusblüte weisen auch viele weitere Pflanzen wie etwa der Gattung Brassica oder die Blätter von Akelei und Kapuzinerkresse diese Eigenschaften auf. In der Tierwelt zeigt sich der Effekt an den Flügeln und anderen Körperteilen verschiedener Insektenarten.

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen des Lotusblüteneffekts

  2. Nanoversiegelung nach Barthlott: Der Lotusblüteneffekt in der Industrie

  3. Produkte mit Lotusblüteneffekt

Wie bei vielen natürlichen Phänomenen hat sich der Mensch auch diesen physikalischen Vorgang zum Vorbild gemacht, um ihn industriell nutzen zu können. Basierend auf der Selbstreinigungsfunktion werden seit den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts kontinuierlich Produkte entwickelt, die dieses Prinzip nachahmen. Die Übernahme natürlicher Vorgänge durch die Industrie wird als Bionik bezeichnet. Sie trägt in vielen Sparten unter Entwicklung verschiedenster Nanotrends wesentlich zum technischen Fortschritt bei.

Grundlagen des Lotusblüteneffekts

Betrachtet man die Oberfläche eines scheinbar glatten Lotusblattes unter dem Elektronenmikroskop, werden unzählige Wachsnoppen sichtbar, die eine raue Struktur ergeben. Diese kleinen Wachskristalle wirken wie eine Versiegelung. Sie verhindern, dass sich Wassertropfen auf der Oberfläche des Blattes ausbreiten und anhaften. Das Wasser kann nicht zwischen die Noppen dringen und die gesamte Oberfläche benetzen. Stattdessen bewirken die Noppen, dass die Wassertropfen durch das Fehlen von Kontaktstellen mit der Oberfläche eine kugelige Form annehmen und abperlen. Beim Abtropfen nimmt das Wasser Schmutzpartikel, Krankheitserreger und Mikroorganismen auf und reinigt auf diese Weise das Blatt. Der Effekt basiert daher auf einer hydrophoben, also wasserabweisenden Oberflächenstruktur, auf der sich durch eine starke Verringerung der Kontaktflächen Flüssigkeiten nicht ausbreiten können.

Nanoversiegelung nach Barthlott: Der Lotusblüteneffekt in der Industrie

Was die Oberfläche der Lotusblüte auszeichnet, kann durch verschiedene technische Verfahren auch auf industrielle Erzeugnisse übertragen werden. Seit einigen Jahrzehnten werden kontinuierlich Produkte entwickelt, die eine selbstreinigende Oberfläche aufweisen. Die wohl bekanntesten Erzeugnisse, an denen sich das selbstreinigende und hydrophobe Lotus-Prinzip erkennen lässt, sind Außenflächen von Gebäuden. Bereits in den Siebzigerjahren entwickelte der berühmte deutsche Bioniker Wilhelm Barthlott nach Vorbild der Lotuspflanze und der Kapuzinerkresse nanostrukturierte Oberflächen mit Nanoversiegelungen. Diese industriellen Verfahren sind unter dem internationalen Markennamen Lotus-Effect patentiert und bis heute im Besitz eines deutschen Unternehmens.

Produkte mit Lotusblüteneffekt

Die natürliche raue, mit Wachsnoppen übersäte Oberfläche von Blättern und tierischen Geweben wurde von Wissenschaftlern für unterschiedliche Produkte nachgebildet. Der Lotus-Effekt ist vor allem für Erzeugnisse bedeutsam, die aufgrund ihrer Nutzung im Außenbereich ständig feuchten Wetterbedingungen ausgesetzt sind. Diese können mit wasserabweisenden, aus Silikonwachsen bestehenden Produkten wie Außenfarben oder Beschichtungen bearbeitet werden, um die natürlichen Eigenschaften von Lotus nachzuahmen.

Im Jahr 2005 gelang es einem Schweizer Textilunternehmen erstmals, auch schmutz- und wasserabweisende Stoffe zu entwickeln. Stark färbende Flüssigkeiten wie Rotwein oder Tomatensauce laufen an Kleidung und Textilien unter dem Markennamen Nano-Sphere einfach ab, ohne Spuren zu hinterlassen. Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschungsbemühungen ist auch die Entwicklung einer Nano-Beschichtung für Fahrzeuge. Mit ihnen könnten in Zukunft Feuchtigkeit und Eisbildung verhindert werden, ohne dass der Lack aufgrund des matten Wachses seine glänzende Optik verliert.